Montag, 31. August 2020
Und die Mär geht weiter...
Seit vor einigen Wochen die Fernbedienung meines Fernsehers ihren Geist aufgegeben hat, habe ich mein Hauptquartier vom Sofa an den Schreibtisch verlegt und bewege mich nun vorzugsweise in den unendlichen Weiten des digitalen Raums, wo nie ein Mensch zuvor gewesen ist, um neue Zivilisationen zu entdecken und neue Abenteuer zu erleben...
So weit die Theorie - nein, die Utopie. Also sprich, ich hänge wieder vor einer Glotze, diesmal nur unbequemer. Und die Fernbedienung heißt jetzt Maus.
Diese Glotze wird laptop genannt, aber da hörts bei mir echt auf. Das Ding wird glühend heiß auf dem Schoß und bei sommerlichen Außentemperaturen brauch ich keine Zusatzheizung. Ich bevorzuge da andere Dinge auf meinem Schoß, je nach Tageszeit und Befindlichkeit: Kissen, Katze, Chipstüte, Strickzeug...
Strickzeug? - Ja, genau, ihr habt richtig gelesen, Strickzeug! Ich habe das Stricken wieder angefangen. Meine Oma wäre stolz auf mich. So kann frau noch in jeder Lebenslage produktiv sein. Es braucht ja nicht viel.
Ein paar Nadeln und einige Wollreste aus alten Zeiten fanden sich in einem vergessenen Schuhkarton am Grunde meines Kleiderschranks. Flugs klapperten die Nadeln. Es gibt Fähigkeiten, die verlernt man nicht, ist wie Fahrrad fahren.
Zunächst wollte ich einen sogenannten Mund-Nasen-Schutz fabrizieren, denn – die kluge Frau denkt vor – mein winziges Wollknäulrestchen würde ja nicht lange reichen. Also musste ich nach Monaten häuslicher Gemütlichkeit wohl oder übel mal wieder vor die Tür, um Nachschub zu besorgen.
Gesagt, getan. Rasch den entsprechenden Begriff in die Tastatur getippt, wurde ich mit einer Flut von DIY- Anleitungen überschwemmt. Ich fand alles mögliche: Mund-Nasen-Schutz selbstgenäht, getackert, gedrechselt, gelötet und imaginiert, aber leider nicht gestrickt.
Wobei ich zugestehen muss, dass der imaginierte Mund-Nasen-Schutz, kurz IMNaS, mich schon sehr faszinierte und mich kurz von meinem Strickplan ablenkte.
Der IMNaS hat einfach den unschlagbaren Vorteil, dass er, laut Anbieter, einmal installiert quasi ein Leben lang hält und zuverlässig nicht nur gegen Viren und Bakterien schützt, sondern auch noch gegen Mundgeruch und Zecken.
Krass, dachte ich, da kriegt man doch echt mal was für sein Geld.
Aber da die Installation mehrere Wochen gedauert hätte und mit einem Aufenthalt in einem indischen Ashram verbunden war, hab ich es dann gelassen und wieder zu meinen Nadeln gegriffen.
Ein eigenes Modell zu stricken war dann eigentlich auch gar kein Problem für mich. Ich nahm extra Nadelstärke 10, damit es 1. schneller ging und 2. die Randmaschen übers Ohr passten. Rasch noch abgekettet und aufgesetzt. In dieser Weise perfekt ausgerüstet machte ich mich auf den Weg ins nächste Wollgeschäft.



Die Fortsetzung meines Abenteuers folgt demnächst auf diesem blog. Bis dahin, lasst es klappern!
Eure Petra Luise

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Samstag, 8. August 2020
Ein Wort zum Sonntag
Ich bin sicher, dass es im Himmel keine Staubsauger gibt und auch keinen Wischmop oder Putztücher oder sonstiges Reinigungsmaterial. Putzen ist einfach kein Thema, auch nicht in der Bibel.
Kochen schon. Wir lesen von Gastmahlen und Linsengerichten und eigentlich wird ständig lecker gekocht. Sogar Gott selbst bekommt Schlachtopfer und Opferbrote und so weiter. Und dass Jesus gerne isst und trinkt, wird schon aus dem Vorwurf ersichtlich, er sei ein Fresser und Säufer.
Aber wann wird eigentlich mal geputzt in der Bibel oder zumindest abgewaschen?
Ich meine hier mit Putzen natürlich saubermachen und zwar das Haus und seine Utensilien, nicht das Herausputzen und Schmücken. Das hat seinen Platz, vor allem bei Feiern und Festen. Aber was ist mit dem hinterher wieder Saubermachen? Kein Wort. Daraus schließe ich, dass Putzen eine zutiefst unbiblische und eigentlich nicht gottgewollte Tätigkeit ist ( genauso wie fernsehen und Auto fahren übrigens, aber das ist ein anderes Thema).
Wieso also schlagen wir uns damit herum? Blöde Frage, weil wir müssen. Es wird nun mal ständig alles dreckig und da wir entschieden haben, dass wir Dreck nicht mögen und Staub auch nicht und Kalk nicht, schwingen wir regelmäßig die feuchten Lappen, als wärs ein Naturgesetz. Selbst die niedlichen, kleinen Krümel und Fussel erfreuen uns nicht. Haben wir entschieden. Punkt. Ich auch. Ich hasse es, mit duschfeuchten Füßen über den winterstreusandigen Flur zu laufen!
Nur leider steht bei mir das Putzen selbst auf der Hassskala mit dem Schmutz oft in Konkurrenz, so dass ich jedesmal entscheiden muss: Was hasse ich jetzt grade mehr, den Dreck oder die Putzaktion?
Was ich am Putzen eigentlich nicht mag, brauche ich ja niemandem zu erklären: Ich hab einfach immer Besseres zu tun und Wichtigeres oder Schöneres.
Ich weiß, was Sie jetzt denken: eine Haushaltshilfe ist die Lösung. Ich widerspreche, denn das hieße, das Problem zu delegieren, nicht zu lösen.
Aber was sagt die Wissenschaft dazu? Warum erfindet nicht endlich mal jemand dieser schlauen Köpfe eine selbstreinigende Wohnung? Ich meine, zum Mond fliegen können sie – angeblich. So ein Appartement wäre doch der Hit auf dem Immobilienmarkt. Also, Erfinder*innen aller Welt, hört auf meine Worte! Ihr wärt meiner ewigen Dankbarkeit versichert.
Aber zurück zum Himmel. Man muss sagen, dass es seit der Schöpfung aus dem Chaos so gar keinen Müll mehr im Universum gibt. Sterne explodieren und knallen zusammen. Da entsteht viel Staub und heiße Luft und noch so einiges mehr. Aber das wird nicht als kosmischer Müll oder Dreck angesehen sondern als Rohmaterial, aus dem sich Neues bildet. Neue Sterne, Planeten, Meteoriten, Asteroiden, Planetoiden und so´n Zeug. Perfektes Recycling, from cradle to cradle sozusagen. Im Großen und Ganzen also prima durchdacht.
Ebenso auf der Erde in der unberührten Natur, sofern es sie noch gibt. Es findet sich auch hier kein überflüssiger Abfall. Was nicht mehr gebraucht wird, wird solange aufgefressen und zerkleinert, bis es wieder zu Mineralstoffen geworden ist. Oder gepresst und verdichtet zu energiereichem Öl oder Kohle. Ist das denn etwa Dreck, der da so teuer gehandelt wird an den Zapfsäulen? Vielleicht ja. Dann wäre es zumindest erklärlich, warum Leute diesen teuren Dreck einfach verbrennen.
Ein Vulkan kotzt sich aus und aus der Lava wird fruchtbarer Boden. Staub und Asche werden vom Regen ins Meer gespült, als Futter für das Plankton am Beginn der Nahrungskette. Am Ende dieser Kette stehen dann wir , schlagen uns den Bauch voll und hinterlassen Schmutz: schmierige Teller, angebrannte Töpfe...
Es ist wohl nur eine Frage der Definition, ob etwas Schmutz ist oder ein wertvoller Rohstoff.
Aber wieder zurück zur Bibel und der Putzerei. Hier muss ich etwas ausholen.



Vor langer Zeit gab es da mal einen Baum und eine Urahnin hat von seinen Früchten genascht. Auf Anraten ihres Heilpraktikers wahrscheinlich: „Wenn Sie von diesen Früchten essen, werden Sie garantiert reich, sexy und auf ewig jung bleiben. Ich hab zufällig grad noch zwei Stück da, eine für Sie und nehmen Sie doch gleich noch eine für Ihren Mann mit. Macht im Doppelpack nur 240€.“
Ein klassisches falsches Heilsversprechen. Wir kennen das ja. Noch heute beliebt in jeder PR-Agentur, bewährt seit Tausenden von Jahren. Man sollte doch meinen, wir hätten langsam mal was dazugelernt. Schließlich kann man die Nebenwirkungen nachlesen: Rausschmiss aus dem noblem Wohnquartier, harte Arbeit im Niedriglohnsektor, Ehekrach und Ärger mit dem Nachwuchs.
Also, was war passiert? Uns Evi wurde weder schlank, noch sexy, noch reich. Stattdessen fing sie an, an ihrem Körper rumzukritteln: Speckröllchen hier, Fältchen da und so weiter. Auch ihr göttlich vorbestimmter Gatte bekam natürlich sein Fett weg. „Schatz, ein paar Situps am Morgen würden dir auch nicht schaden!“
Aber die Unvollkommenheiten blieben und wurden bald überdeckt von Klamotten. Jedes Jahr schicker und teurer, Hauptsache hipper als die Klamotten der anderen. Neid, Eifersucht und Konkurrenz in macchiavellischem Ausmaß waren geboren.
Aber dabei blieb es nicht. Die Unterscheidungskriterien gut und böse, positiv und negativ, hipp und gehtgarnicht, barbarisch und politisch korrekt waren bald etabliert und wurden ständig erweitert. Die Feinde sind böse und wir sind gut und zack ist der erste Krieg in Gange.
Aber weil das Kriegführen ja eigentlich immer noch Männersache ist, haben wir Frauen unseren eigenen Krieg als Dauerscharmützel erfunden: den Krieg gegen den Schmutz und den Unrat und die eingebildeten bösen Bakterien. Und das coole ist: dieser Krieg wird niemals enden, weil er nur in unserer Einbildung existiert und ein reines Phantasieprodukt ist. So kommt man vom Stöckchen aufs Hölzchen.
Aber Leute, ich mach jetzt nicht mehr mit. Ich schließe Waffenstillstand. Nein, ich erkläre den Frieden! Ich schließe Frieden mit den vereinsamten Krümeln aller Welt; mit dem Staub, der an den Wänden klebt, aus dem die Sterne des Alls gebaut sind; mit dem Kalk, der die zarten Babyküken in ihren Eiern beschützt; mit dem Schimmel, dem Meister des plüschig bunten Flaums, der uns so köstlichen Käse beschert; mit den entrechteten Viren und Bakterien, die einfach nur zu klein sind, um sich gegen die Diskriminierung zur Wehr zu setzen.
Ich rufe den Frieden aus von allen Gipfeln der Wäscheberge und von allen Dächern der Chemischen Reinigungen, von allen Haushaltsleitern und allen Trockenböden. Schreibt es an die Mauern der öffentlichen Toiletten! Reißt die Zäune der Deponien nieder! Demonstriert Solidarität und verbrennt eure Mülltonnen! Mein Staub gehört mir! Zerbrecht die Besen! Tötet den General und Meister Proper!
Stattdessen legt die Beine hoch und die Hände in den Schoß und feiert Sonntag!
Höre ich ein Amen, Schwestern?

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Sonntag, 2. August 2020
Haiku 4
Mein Herz klopft lauter.
Die Uhr läuft schneller voraus
und proustet die Zeit.



© Petra Luise

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