Sonntag, 27. November 2022
Erster Advent
Bethlehem zur Zeit des Kaisers Augustus. Ein Wirtshaus an der Landstraße, überfüllt mit Händlern, Pilgern und Reisenden. Ein Stall für die Haustiere. Ein Ochse und ein Esel für die tägliche Arbeit, ein Schaf, ein paar Ziegen, die Reisende zum Verkauf mit sich führen. Irgendwo ganz hinten sogar ein Kamel.
Eine kleine Menschenfamilie war dort auch untergekommen, denn alle Zimmer in der Gaststube waren belegt und... Oh Wunder! ... in dieser Nacht, die später die heilige Nacht genannt wurde, entband die junge Frau ein kleines, propres und quietschvergnügtes Söhnchen, welches zum Erstaunen der eilends herbeigerufenen Hebamme nicht etwa weinte und greinte, als es das dämmrige Licht der Stalllampe erblickte, sondern ihr fröhlich ins Gesicht lachte, als ob es sagen wollte: ?Freut euch, endlich bin ich da!?
Das Lachen des Kindes steckte sogleich alle mit seiner Fröhlichkeit und Freude an. Zuerst im Stall und dann im Wirtshaus, wo die Hebamme jedem erzählte, dass der Säugling lachend auf die Welt gekommen war. Wo hatte man denn so etwas Seltsames schon mal gehört?!
Wenig später trat Ruhe ein im Haus und auch im Stall. Erschöpft und glücklich sanken alle in einen tiefen Schlaf.
Alle? Keineswegs. Das Kindlein nämlich war immer noch putzmunter. Man hatte es mit einer Decke in die Futterkrippe gelegt und dort strampelte es kräftig vor sich hin und krähte und gluckste, dass es fast wie ein Liedchen klang.
Es war aber eine kalte Nacht und während die Eltern tief und fest im Heu schliefen, brannte das Feuer in der eilig improvisierten Feuerstelle langsam herunter und die Glut drohte zu erlöschen. Das Kindlein hatte sich inzwischen ganz frei gestrampelt und so nackt, wie es da lag, begann es zu zittern und zu frieren in der Eiseskälte. Doch niemand bemerkte etwas davon.
Niemand? Keineswegs, denn ein kleines Vögellein, das sein Nest unter dem Dach gebaut hatte, bemerkte sehr wohl die Not des Kindes und es fing an zu zwitschern so laut es nur konnte, um die Eltern aufzuwecken. Vergeblich. Die Erschöpfung war wohl zu groß gewesen. Mit der Zeit aber drohte das Kind ernsthaft Schaden zu nehmen, wenn nicht gar zu erfrieren.
Da flog das beherzte Vögelchen dicht an die Glut heran und flatterte mit den Flügeln, so dass der Luftstrom in die Glut fuhr und das Feuer neu entflammte. Im Stall breitete sich schnell wieder Wärme aus, das Kindlein war gerettet und schlummerte endlich ein.



Der mutige Vogel jedoch hatte sich so nah am Feuer die Federn versengt, so dass Brust und Hals nun rot leuchteten. Deshalb erhielt er den Namen Rotkehlchen und einen besonderen Platz in der Weihnachtsgeschichte.
Ihm und allen anderen tapferen kleinen (und großen) Wesen, ob geflügelt oder gestiefelt, die im Verborgenen Segen schenken und den Geist der Weihnacht verbreiten, sei dieser Kalender gewidmet.
Euch allen wünsche ich einen schönen ersten Advent und hier geht es weiter mit dem nächsten Türchen am 1. Dezember.

... link (0 Kommentare)   ... comment