Sonntag, 27. Dezember 2020
27. Dezember
Der Sturm
Wie hab' ich gern den raschen Sturm,
Den übermüth'gen Pfeifer!
Um Fels und Berg und Burg und Thurm
Dreht er den wilden Schleifer.
Erbebend Chor und Angel klirrt,
Laut prasselt's im Kamine.
Erschrocken auf der Falke schwirrt
Vom Horste der Ruine.

Hei, Wolkenjagd und Sturmgebraus,
Hei, Donnerklang der Lüfte!
Wer Lust hat, bleibe feig' zu Haus,
Ich streif' durch dunkle Klüfte.
Erbrausend wogt die Waldesnacht,
Laut rasselt's in den Zweigen,
Als tobt' einher der wilden Jagd
Halloh- und Hussa-Reigen.

Und selber nur nm Brust und Stirn'
Tost er in trotz'gem Grimme;
Mich aber macht er stark und firn,
Ich jauchz' mit lauter Stimme.
Unbändig jagt der Raufgesell
Der Locken dunkle Stränge:
Doch Kopf und Herz durchweht er hell,
Fegt fort mir Druck und Enge.

Ich wiege mich in frischer Lust
Auf seinem breiten Flügel,
Und freiheitathmend schwillt die Brust,
Was schiert mich Klipp' und Hügel? —
Bin nimmermehr ein furchtsam Kind,
Und schwing' in muth'gem Schleifer
Mich drüber wie der Brausewind,
Der übermüth'ge Pfeifer.

(Anna Esser)



https://youtu.be/nHBkDkfOZCI

(Disclaimer: Dieser link ist ein privater Tipp. Ich habe keine Verantwortung für den Inhalt der verlinkten Seite.)

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